Riekes Erziehung geht anders

Als wir noch dabei waren uns kennenzulernen, war „Flucht“ ihre erste Option, sobald sie in eine Lage geriet, die ihr nicht geheuer war. Diese Lage trat regelmäßig ein, wenn sie auch nur den geringsten Erwartungsdruck von mir spürte, zum Beispiel bei einem harmlosen „Sitz“, „Bleib“ oder „Warte“. Natürlich habe ich den Fehler zuerst bei mir gesucht und vermutet, dass ich zu viel Druck aufbaue oder zu angespannt bin, wenn ich etwas von ihr will. Rieke blieb aber dabei, sich auch bei sehr freundlicher Ansprache ganz konsequent allen Situationen zu entziehen, in denen ich Regeln aufgestellt habe. Auch wenn sie gleichzeitig beobachten konnte, dass der Rest des Rudels ganz selbstverständlich mit diesen Regeln umging.

Wenn ich Rieke an der Leine und damit unter Kontrolle hatte, versuchte sie sofort, alles richtig zu machen, war allerdings sehr angespannt dabei und devot. Trotzdem verstand sie mich scheinbar von Anfang an und lernte extrem schnell. Auffällig war, dass jeder Versuch, sie mit Futter zu locken, unmittelbar ihren Rückzug auslöste. Außerdem wußte sie in jeder Situation ganz genau, ob sie die Chance hatte, sich zu entziehen oder nicht.

Die Fragen zu erörtern, was in dieser kleinen, zarten und so aufgeweckten Hündin vorging und wodurch wohl ihr misstrauisches, ausweichendes Verhalten ausgelöst wurde, war wenig hilfreich. Dann lieber eine Strategie entwickeln für eine pädagogisch sinnvolle Vorgehensweise. Nach den Erkenntnissen der Lerntheorie hätte ich erstmal darauf achten müssen, Rieke keine Chance zur Flucht mehr zu geben, sodass sie mit diesem unerwünschten Verhalten keinen Erfolg haben konnte.

Mein Gefühl sagte mir allerdings, dass ich durch ein so stark kontrollierendes Vorgehen schwerlich ihr Vertrauen gewinnen würde. Also verließ ich mich auf meinen Bauch und tat das Gegenteil: Ich ließ Rieke selbst entscheiden, wann sie dabei sein wollte und wann nicht, machte ihr Angebote, die sie auch ablehnen durfte.

Manchmal verweigerte sie eine Mahlzeit und lief stattdessen in den Wald, weil sie nicht bereit war, mit den anderen zu warten. Manchmal machte sie eine Weile mit bei unseren Versteck- und Apportierspielen, um dann plötzlich keine Beute mehr anzurühren und das Ganze aus sicherer Entfernung heraus zu beobachten. Bei kleinen Spaziergängen quittierte sie meinen Rückruf oft damit, dass sie von uns weg in Richtung unseres Hofes lief. Allerdings kam sie immer zu mir zurück und ließ sich problemlos anleinen, wenn ich konsequent in die andere Richtung weiterging. (In unübersichtlichen Situationen war sie natürlich durch die Leine gesichert.)

Irgendwann nahm ich Rieke auch am Fahrrad mit, wenn ich mit der trächtigen Lucy unsere immer kleiner werdenden Runden drehte. Rieke orientierte sich dabei erstmal an Lucy. Als Lucy dann ihre Kräfte für die Welpen brauchte, fuhr ich allein mit Rieke los, ohne Leine, aber in engem Kontakt. Auch hier gab es Situationen, in denen sie „nein“ sagte. Sie blieb einfach zurück und setzte sich hin. Für mich das Signal zum Umdrehen. Auf dem Rückweg waren wir dann wieder eng beieinander.

Ich war darum bemüht, kontrollierendes Verhalten meinerseits weitgehend zu vermeiden, ließ Rieke so viel wie möglich ausprobieren und schenkte ihr einen riesigen Vertauensvorschuss. Das war wohl meine Strategie.

Inzwischen ist Riekes Unsicherheit und ihre Skepsis gegenüber allem, was sie einengen könnte, weitgehend überwunden. Manchmal entzieht sie sich noch, wenn sie zu viel Druck empfindet, aber auf meine freundliche Einladung kommt sie zuverlässig zu mir. Statt sich in ein enges Versteck zu flüchten, sucht sie nun immer öfter meine Nähe (oder die von Jamie). Mit den meisten Situationen kommt sie aber sehr gut allein zurecht.

Die Stimmung war schon mal besser

– auch wenn Indis Position nun ganz unumstritten ist,

und die Mädels ihr regelmäßig (immer wenn’s raus geht) mit welpenhafter Unterwürfigkeit ihre Gefolgschaft beteuern.

Sir James hat sowas nicht nötig. Weder wird er hofiert, noch hat er jemals diese „aktive Demut“ gegenüber anderen Hunden gezeigt. Das liegt wohl nicht daran, dass er ein Rüde ist, denn unserem alten Wanja wurde von allen Mädels bis zuletzt auf dieselbe Weise Ehrerbietung bezeugt.

Lucy kam im letzten Jahr übrigens auch in den zweifelhaften Genuss, dass Malenka und die Jüngeren (jetzt Rieke, früher Klara) ihr vor jeder gemeinsamen Aktion „Honig um den Bart schmierten“. Sie selbst hat das mit Begeisterung bei Wanja getan, bei Indi nie. Vermutlich konnte man darin schon den latenten Konflikt zwischen Lucy und Indi erkennen.

Wie auch immer – , dass Jamie und Malenka im Moment ganz oft traurig wirken, bilde ich mir vielleicht nur ein.

Vielleicht empfinden sie aber auch, dass Lucy fehlt, und fühlen sich schwächer ohne sie. Lucy hat offenbar aus ihrer Position heraus das ganze Rudel gestärkt.

Der kleinen Rieke macht das gerade nicht so viel aus, sie hält sich gern an Jamie und Malenka, wenn Indi sich zurückzieht.

Sie ist übrigens schon lange nicht mehr klein, wirkt aber innerlich und äußerlich noch recht zart. Unsere Prinzessin

Fototermin

auf der Weide, im Schatten der Eichen

Jamie, Malenka, Indi und Rieke

auf „ok“ starten nur die beiden Alten

Malenka und Rieke sonnen sich noch ein bisschen in meiner Bewunderung

es gibt noch ein paar Oasen in der Trockenheit ringsum

auf dem Weg zurück führt Indi, hinter ihr Malenka, dann Rieke. Sir James bleibt wie immer direkt hinter mir.

Hat noch jemand Probleme mit seinem Hund?

Nein, ich plane gerade keine weiteren Trainingstermine, aber ich habe endlich zwei Bücher entdeckt, nach denen man richtig gut arbeiten kann, und die alles auf den Punkt bringen, was mir im Umgang mit unseren Hunden wichtig ist.

Zu finden in den aktualisierten Lese-Empfehlungen auf unserer Hompage: https://www.weisseschaefer.de/fuer-Welpen-Interessenten/Lese-Empfehlungen/

Die schöne Malenka

ist wieder gedeckt worden. Wir haben alle möglichen Dinge untersuchen lassen, die den Verlust ihrer letzten Welpen hätten bewirken können, aber eigentlich nichts gefunden. Wir haben aber auch viel Zuspruch erfahren von Tierärzten und Zuchtverband, und hoffen einfach, dass es irgendwann noch mal klappt. Wäre schön, wenn das jetzt schon wäre!

Als Vater der Welpen haben wir uns für einen Jamie-Indi-Sohn entschieden: Hennes von Meierhafe:

Er ist im Wesen seinem Vater sehr ähnlich, nämlich freundlich, ausgeglichen und gut zu führen. Im Körperbau ist er etwas schlanker, aber sicher nicht kleiner (66cm). Die gesamten Daten findet ihr auf unserer Welpenseite.

Er war zum Decken in Meierhafe, als wir noch ein paar Lümmel da hatten. Die konnte man ihm genauso gut anvertrauen wie seinem Papa.

Ohne Lucy

fühlt sich Meierhafe irgendwie leer an.

Ich glaube, Rieke, Sir James, Malenka und Indi empfinden das auch so.

Sie müssen sich erstmal wieder neu sortieren.

Trotzdem sind wir erleichtert, weil wir die Hunde nun nicht mehr trennen müssen, und langsam fällt die Anspannung der letzten Monate von uns ab.

Zum letzten Mal mit Lucy

zum See fahren, die große Fahrradrunde drehen, mit dem Rudel laufen, den Futterbeutel verstecken, Sachen suchen, durch die Felder streifen, …

In den letzten Tagen ist mir nochmal bewußt geworden, wie einmalig es ist, mit dieser Hündin unterwegs zu sein. Lucy kriegt alles mit und bleibt doch die ganz Zeit in Kontakt mit mir. Sie darf inzwischen vieles selbständig entscheiden, läuft sehr gerne ein paar Schritte vor dem Rest der Gruppe, ist aber mit ihren Ohren immer bei mir. Egal auf wen sie trifft, Lucy verhält sich freundlich, höflich, wenn nötig auch ausweichend und ist in jeder Situation gut ansprechbar.

Ich wünsche mir so sehr, dass Lucy all ihre Stärken und ihr Vertrauen mitnimmt und irgendwann an der Seite ihrer neuen Menschen mit derselben Fröhlichkeit und Zuverlässigkeit agieren kann. Das wird ein wenig Zeit brauchen, denn diese Art von Verständnis wächst im gemeinsamen Alltag und ist nichts, was man mal eben antrainieren kann.

Wir sind stolz und dankbar, dass diese tolle Hündin zu unserem Leben gehört hat und hoffen von Herzen, dass ihre neue Familie schon bald genauso empfinden wird.

Deutungen:

Ich seh dich! (Indis skeptischer Kontrollblick zu Lucy)

Alles gut? (Jamies fürsorgliche Erkundigung bei Lucy)

Ich bin ganz zufrieden. (Lucy hat mit sich selbst zu tun)

Solange ich die Augen offen halten kann, pass ich auf. (Malenkas Wache)

erstmal ein bisschen Skepsis (Riekes Strategie)

Lucy hat einen Hühnerbauch

Kleiner Scherz – natürlich ist das ein Welpenbauch vom Feinsten!

Trotzdem tragen die Hühner sicher auch ein bisschen auf.

In den letzten drei Tagen waren es immerhin vier ganze Hühner, die sie, quasi als dritte Mahlzeit am Tag, neben morgens Barf und abends Welpenfutter verwerten musste. Das hat sie ohne irgendeinen Anflug von Überforderung (Durchfall) geschafft. Na gut, sie hechelt manchmal ein bisschen vor sich hin, aber nicht besorgniserregend. Außerdem ruht sie mehr als sonst, was vermutlich eher den Welpen geschuldet ist.

Insgesamt wirkt sie sehr zufrieden. Wenn ich ihre Stimmung übersetzen sollte, würde ich sagen: Endlich darf ich mich mal sattessen!